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Live – Kantapper
Konzertkritik - freitonal & technisch beeindruckend

22.08.2011 Am 21.8.11 gab das Experimental-Jazz-Trio Kantapper im Nörgelbuff ein Konzert. Sie zeigte, wie vielfältig und welche Töne man einem Schlagzeug, einem Euphonium, einer Gitarre, einem Horn, einem Klebeband und anderen Instrumenten entlocken kann. Showelement wurden nur puristisch eingesetzt. Während des siebzig Minuten langen Konzerts wiederholte sich keine freitonale Spielidee.

 
Reporterbericht: Kontaktlink zu Redaktion buergerstimmen.de [ Homepage ] (Dr. Dieter Porth)
 





Kurzbericht zum Auftritt von Kantapper

Statt eines zusammenfassenden Berichtes sei an dieser Stelle eine kleine Randgeschichte präsentiert. Während des Konzerts ging ich zur Theke, im vorderen Teil vom Nörgelbuff. Dort stand ein älterer Mann, der schon einwenig angetrunken war. Er fragte mich: "Gefällt Ihnen die Musik". Ich wusste sofort, was er meinte. Die Musik hatte keine Harmonien und Melodien. Sie war schmerzhaft schrecklich für Menschen, die durch allgegenwärtige Popmusik verwöhnt sind und die in der Musik statt der Realität klare Gefühle wieder finden wollen Deshalb konnte ich nur antworten: "Die Musiker beherrschen ihre Instrumente. Mehr darf man hier heute nicht erwarten." – Jetzt möchte ich noch nachtragen: "Weniger wurde aber auch nicht geboten!"

Ankündigungstext des Konzertes- GRENZWERTE - IMPROVISATION = Kunst ohne Werk (Derek Bailey)

Eine Konzertreihe im Nörgelbuff mit dem Titel "GRENZWERTE – Musikalische Improvisationen jenseits der Schubladen" will ein Forum für improvisierende Musiker, interessierte Hörer sein & ein neues Publikum schaffen. Alle Stilmittel, Genres, Instrumente & improvisierende Ansätze sind erlaubt – Rock, Punk, Jazz, U & E, Noise, Elektronische Musik, Neue Musik, Folk, Weltmusik – beim Improvisieren vermischen sich die unterschiedlichen Stile zu etwas neuem; Musiker, die vorher noch nicht miteinander gespielt haben, können sich hier in einem offenen Forum begegnen, aber auch feste Formationen können hier vor Publikum improvisieren... Die Konzerte finden jeden 3. Sonntag alle 2 Monate im Nörgelbuff ab 20.00 Uhr statt (Groner Str. 23).

24. Konzert: KANTAPPER – Freitonale Rockmusik

Thomas Maos – guitars
Steffen Moddrow – drums
Uli Sobotta – euphonium♠1, guitar, voice

Maos war Mitglied der Dead Poets, Moddrow spielte anlässlich der Documenta X mit dem Zappa Schlagzeuger Jimmy Carl Black, und Sobotta tönte vor zwei Jahren mit Sainkho Namtschylak auf dem MIBnight Jazzfest. Zusammen präsentieren die 3 ein hitziges Konglomerat aus improvisierten, mal experimentellen, mal tonal und rhythmisch strukturierten Zutaten - neugierig, inspiriert und pfannenfest.

http://grenzwerte.blogspot.com
Gefördert von der Stadt Göttingen

Kantapper: Internet und Publikum

Zu der Bänd wurde keine Internetpräsenz gefunden. Als Publikum zählte ich weniger als zwanzig Leute, von denen schätzungsweise die Hälfte als unvoreingenommene Gäste ins Konzert kamen.

Kantapper: Konzertimpressionen zu Musik und Show

Grundsätzlich betrachte ich bei einem Konzert immer drei Dinge: Outfit der Musiker, Showelemente und Musikalisches.
Kleidungsmäßig waren die Musiker sehr unterschiedlich gekleidet. Der Mann am Euphonium hatte eine karierte bis zu Kniereichende Stoffhose zu seinem schwarzen T-Shirt trug. Der Schlagzeuger trug zu einer Jeans ein geblümtes Hemd, während der Gitarist mit seinem Schwarzen lockigen Haar, seinem schwarzen T-Shirt und seiner dunklen Jeanshose doch eher düster wirkte. Zum Bereich Outfit zähle ich aber auch die Gestaltung der Bühne. Die wirkte eher lieblos. Der Euphonioum-Spieler hatte seine Instrumente an der Bühnenrückwand positioniert. Gleiches galt für die Utensilien, die der Schlagzeuger während seines Spiels zum Einsatz brachte.
Zu den Showelementen gehört zum einen die Positionierung der Musiker auf der Bühne. Alle Musiker spielten in der Nähe der Wand. In der Mitte der Bühne blieb so während des Konzerts ein großes Loch. Dies wirkte dabei umso uriger, weil dort ein zweites Mikrophon aufgestellt war, welches während des gesamten Konzerts nicht einmal zum Einsatz kam. Optisch war das Konzert also eher eintönig. Auch beschränkten sich die Moderationen darauf, dass der Euphonium-Spieler in den Applaus hinein den Namen seiner Mitmusiker bekannt gab und sich selbst nicht nannte♠2. Zu den Liedern So blieb der Hörer im Unklaren, mit welchem Thema sich Kantapper beim nächsten Song auseinandersetzen wollte. Lediglich bei der Zugabe wurde der Titel genannt. Der Titel war so lang, dass ich nur aufschrieb, das das Lied einem dicken fetten Pfannkuchen gewidmet sei.
Die obige kurze Geschichte sollte klargemacht haben, dass schöne Melodien während des Konzerts nicht zu hören waren. Nichtsdestotrotz war die Atonalität weniger schrecklich als ich befürchtet habe. Die Musiker hatten zwar innerhalb ihrer Songs keinen erkennbaren Spannungsbogen aber zumindest waren die Übergänge zwischen den verschiedenen freitonalen Ideen so langsam, so dass man sich als Hörer an die Höreindrücke gewöhnen könnte.
Jeder Augenblick des Konzerts war von neuen technischen Ideen zum Umgang mit den Instrumenten geprägt. Da wurde zum Beispiel von Uli Sobotta in das Euphonium gesprochen und gesungen, so dass seine Stimme zum Beispiel wie der Weckruf eines islamischen Priesters klang. Insgesamt war aber kaum zu verstehen, was er sagt oder sang.
Da wurden die Töne von Kuhglocken durch Steffen Moddrow in sein Schlagzeugspiel integriert. Oder der Schlagzeiger nahm ein Klebeband, um damit rhythmische Klänge zu erzeugen. Die theatralischen Bewegungen des Schlagzeugers zum Spielen des Klebebandes hatten dabei durchaus auch seinen optischen Reiz. Im Gegensatz dazu hat nach meinem Eindruck Alupapier auf den Becken wenig Tonveränderungen gebracht.
Auch der Gitarist lotet die Möglichkeiten seines Instruments voll aus, indem er zum Beispiel Saiten mit einem Geigenbogen anstrich und ähnliche Spielvariationen in sein Spiel integrierte. Auch konnte er seinen und den Tönen seiner Mitmusiker mit Hall und mit Verzerrungen versehen, was dem freitonalen Klang seine besondere Note gab. An manchen Stellen hatte ich angesichts der Tonfülle den Eindruck, dass die Musiker auch Loop-Techniken einsetzten. Bei diesem letzten Punkt bin ich mir aber nicht sicher.
Als Laie im Musizieren fand ich das Konzert aus technischer Sicht interessant. Das Konzert glänzte durch sein ideenreiches Spiel. Liebhabern unmelodischer freitonaler Musik und Musikern, die nach neuen Spielideen und Höreindrücken suchen, kann man die Bänd sicher als Ideenpool empfehlen. Die Freunde von guten Shows und schönen Melodien sollten lieber andere Bänds besuchen.

Fotoimpressionen zum Konzert von Kantapper am 21.8.11 in Göttingen


http://www.buergerstimme… ©2011 (www/)
Pressefoto: http://www.buergerstimmen.de/ , 2011 © Steffen Moddrow mit seinem geblümten Hemd am Schlagzeug
Steffen Moddrow mit seinem geblümten Hemd am Schlagzeug

http://www.buergerstimme… ©2011 (www/)
Pressefoto: http://www.buergerstimmen.de/ , 2011 © Thomas Maos zauberte viele verschiedene Tonideen mit seinem Gitarrenspiel
Thomas Maos zauberte viele verschiedene Tonideen mit seinem Gitarrenspiel

http://www.buergerstimme… ©2011 (www/)
Pressefoto: http://www.buergerstimmen.de/ , 2011 © Uli Sobotta mit Posthorn und 'Hornstopfen'
Uli Sobotta mit Posthorn und 'Hornstopfen'

http://www.buergerstimme… ©2011 (www/)
Pressefoto: http://www.buergerstimmen.de/ , 2011 © mit dieser Batterie von Instrumenten könnte man auch der Bühne durchaus eine Show machen, um die Aussage der Musik auch optisch zu inszenieren
mit dieser Batterie von Instrumenten könnte man auch der Bühne durchaus eine Show machen, um die Aussage der Musik auch optisch zu inszenieren

http://www.buergerstimme… ©2011 (www/)
Pressefoto: http://www.buergerstimmen.de/ , 2011 © Kantapper mit Uli Sobotta (Links), Steffen Moddrow (Mitte) und Thomas Maos (Rechts)
Kantapper mit Uli Sobotta (Links), Steffen Moddrow (Mitte) und Thomas Maos (Rechts)

http://www.buergerstimme… ©2011 (www/)
Pressefoto: http://www.buergerstimmen.de/ , 2011 © Das Euphonium mit dem Kantapper-Musiker Uli Sobotta am Mundstück
Das Euphonium mit dem Kantapper-Musiker Uli Sobotta am Mundstück

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Liste der redaktionellen Inline-Kommentare

♠1) Ich wusste während des Konzerts nicht, wie man das Instrumtent bezeichnete. Statt Euphonium schrieb ich Mini-Tuba in meine Notizen. – Peinlich, oder?
Neben den aufgezählten Instrumenten brachte der Musiker auch ein Naturhorn (ähnliche gebaut wie ein Posthorn) zum Einsatz.
Dr. Dieter Porth.
♠2) Man gut, dass ich die Ankündigung oben aufbewahrt habe. So wusste ich, wer auf der Bühne stand.
Dr. Dieter Porth.

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