geändert am 14.11.2007 - Version Nr.: 1. 852

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Meldung gesetzt von ~ Dr. Dieter Porth --- ---

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Armen-Kontakt-Steuer
Betrug am Sozialstaat - der Ehrliche bleibt der Dumme

30.10.2007 Die folgende Geschichte beschreibt die wahre Begebenheit, wie eine arbeitende Mutter wegen des Antrags ihres volljährigen Sohnes zur ALG-II-Empfängerin wurde.. Die Bearbeitung des Antrags dauerte über drei Monate und jetzt muss die Mutter beim Sohn um Geld betteln. Die gleich Mutter hat auch einen Untermieter, der ALG-II bezieht und nur tageweise nach Deutschland zum Geldabholen einreist. Dies sollte dem Amt seit längeren bekannt sein und hat nach Aussagen der Mutter keine nachhaltigen Konsequenzen für den Untermieter gehabt.
[Nachtrag:
30.10.2007Redaktion: Korrektur von Rechtschreibfehlern]

 
Emailnachricht: Kontaktlink zu Redaktion buergerstimmen.de [ Homepage ] (Dr. Dieter Porth)
 

Bericht über ein wahre Geschichte aus der Unterschicht



Vorgeschichte
Eine Mutter hat mit Erfolg ihren Sohn durch die Schule gebracht und arbeitet selbst in einem relativ niedrig bezahlten Job. Die Mutter ist mit mehreren Krankheiten belastet. Der Sohn hat erfolgreich eine Ausbildung absolviert. Auch ein Jahr nach der Ausbildung hat der Sohn leider noch keine Arbeit gefunden. Also beantragte der Sohn ALG-II für sich. Dies war im Sommer. Weiterhin hatte die Mutter als ordentliche Deutsche beim Amt die tageweise Anwesenheit des Mieters angegeben, der vom Amt ALG-II erhielt.

Die Odyssee
Anfang des Sommers beantragt der Sohn beim städtischen Sozialamt die ALG-II. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Odyssee des ALG-II-Antrags. Die dargestellten Antragszeiten sind nicht unbedingt typisch aber auch nicht unbedingt außergewöhnlich. Bei einigen Aktionen konnte nur der ungefähre Zeitraum angegeben werden. Während der Antrag nicht genehmigt war, musste die Mutter das Geld für Miete und Unterstützung des Sohnes auslegen und kostenträchtig Rechnungen zu Mahnungen werden lassen.

Zeitachse Aktion
Tag -150 Aussage der Mutter: Hinweis an das Amt, dass der Untermieter nur tageweise anwesend ist und vom Amt ALG-II erhält. Während der restlichen Zeit hält er sich im Ausland auf und arbeitet dort vermutlich.
Tag 0 Antrag auf Harz IV , Auslaufen des ALG-I
Telefonate, Versuchte Anrufe und oft Nicht-Erreichen der Beamten
Kontoauszüge nachreichen
Tag 15 Brief mit Nachfrage wegen fehlenden Unterlagen
Geforderten Unterlagen bis auf das Scheidungsurteil
- Wohngeld
Tag 29 Antragsablehnung wegen mangelnder Mitwirkung
Es fehlten Unterlagen, wobei nachträglich nicht feststellbar ist, ob die Unterlagen nachträglich vom Amt eingefordert wurden oder von Anfang an eingefordert wurden.
- Scheidungsurteil wurde jetzt erst abgegeben
- Kontoauszüge der Mutter
Tag 64 Nachfordern der Verdienstbescheinigung der Mutter
Untervermietung
Kontoauszüge
Fragebogen bzgl. des Untermieter, der nur tageweise anwesend ist, während der restlichen Zeit sich in Ausland aufhält und vom Amt ALG-II-Bezüge erhält. Die Mutter hatte den entsprechenden Beamten schon vor Monaten darauf hingewiesen.
Tag 80. Fragebogen zur Untervermietung
Wohnungsskizze (nachgefordert)
Pflicht auf 18.9 auffordern
Tag 100. Nachfordern von weiteren Unterlagen
- Versicherung zu Haftpflicht, ...
Tag 105 Auflistung von "Cent"-Beträgen - Nachfragen Miniüberweisungen unter zehn Euro".
Glaubt das Amt an Lebensversicherungen unter 10.- Euro / Monat
Tag 111. Genehmigung des Antrags
Zwangsveranlagung der Mutter,
Tag 113. Unterhaltsansprüche des Sohnes - Erklärungen
Tag 116 Zahlung des Sozialamtes des gesamten Geldes auf das Konto des Sohnes


Das Verhalten der Behörde fällt in die Kategorie "nicht so gut", weil


Zeitdauer der Bearbeitung
Die Zeitdauer von über drei Monaten zwischen Antragsstellung und Antragsentscheidung (Gewährung) ist eher unangemessen. Schließlich übernimmt das Amt für ihrer Trödelei nicht die Folgekosten wie Mahngebühren oder zusätzliche Zinsen für Überzogene Konten.
Kompetenz der Bearbeitung
Aus dem Schriftwechsel ergibt sich, dass das Amt immer weitergehende Nachforderungen zur Beibringung der verschiedensten Dokumente fordert. Schon der Briefwechsel mit dem Amt lässt immer weitergehende Nachforderungen von Dokumenten erkennen.
Besonders eindrucksvoll wird die Überforderung des Sachbearbeiters am folgenden Aussage der Mutter deutlich. Wegen ihres Untermieters musste sie dreimal eine Wohnungsskizze für das Amt anfertigen. Einmal wurde fehlte die Zuordnung der Bewohner zu den Zimmern und dann fehlte die Angabe der Quadratmeterzahlen für die Zimmer. Ein Zimmer war untervermietet und die Kopie des Mietvertrags lag dem Amt vor.

Mitveranlagung der Mutter ist entwürdigend
Bei der Antragsbewilligung wurde die Familie als Bedarfsgemeinschaft eingestuft. Dabei wurde auch die Mutter, die keinen ALG-II-Antrag gestellt hatte, zur ALG-II-Empfängerin gemacht. Gemäß §37Anmerkung: SGB-II- § 37 Antragserfordernis
(1) Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden auf Antrag erbracht.
(2) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Treten die Anspruchsvoraussetzungen an einem Tag ein, an dem der zuständige Träger von Leistungen nach diesem Buch nicht geöffnet hat, wirkt ein unverzüglich gestellter Antrag auf diesen Tag zurück.

im SGB-II werden Leistungen nur auf Antrag gestellt. Die Mutter hat ausdrücklich ihrer Hartz-IV-Veranlagung widersprochen. Im §38Anmerkung: SGB-II- § 38 Vertretung der Bedarfsgemeinschaft
Soweit Anhaltspunkte nicht entgegenstehen, wird vermutet, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Leben mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt.

des SGB-II wird aber der Mutter auch das Selbstbestimmungsrecht entzogen. Das Amt kann wegen der familiären Konstellation eine Antragstellung vermuten. Die Situation ist hier besonders problematisch. Die Mutter hat kein Erziehungsrecht mehr. Gleichzeitig hat sie keine Möglichkeit, sich gegen diesen Familienzwang zu wehren. Das SGB verletzt die Würde und das Selbstbestimmungsrecht der MutterAnmerkung: Leider fehlt den Armen das Geld, um dies entwürdigende Gesetz vor das Verfassungsgericht zu bringen. Die Politik wie auch die Verwaltung
.

Überweisung des gesamten Geldes an den Sohn.
Das Geld für die Bedarfsgemeinschaft bekommt jetzt der dreiundzwanzigjährige Sohn überwiesen. Die knapp über vierzigjährige Mutter muss beim Sohn um das Geld betteln und erinnert stark an türkische Kulturverhältnisse. In anderen Bedarfsgemeinschaften ist es ähnlich. Der ein Partner muss beim anderen Partner um Geld betteln. Das Sozialgesetzbuch erzwingt das Widerbelebung der patriachalischer Familienstrukturen.
Was das noch mit Würde des Einzelnen zu tun hat, frage sich jeder selbst?

Verfolgung von Betrügern
Gleichzeit bekommt die Mutter mit, wie egal dem Amt Gerechtigkeit ist. Ihr Untermieter bezieht unberechtigt ALG-II-Leistungen, der Betrug sollte dem Amt bekannt und es passiert nach Aussagen der Mutter von Seiten des Amtes nichts. Nach einem halben Jahr wurden die Geldleistungen gesperrt, wobei aber der Untermieter die Gelder bei seinem letzten Besuch vom Amt nachgezahlt bekam.
[Anmerkung: Nach den Gesprächen mit der Mutter ist die Situation durchaus problematisch. Sie hat Angst vor der Gewalttätigkeit des Untermieters. Es ist die Frage, inwieweit das Amt die Ausführungen verstanden hat. Die Sperrung des Geldes zeigt jedoch, dass die Anmerkungen wahrgenommen wurden, wobei die nachträgliche Zahlung merkwürdig erscheint. Gerade wegen der vermuteten Gewalttätigkeit habe ich lange überlegt, ob ich diesen Part der Geschichte mit erwähne. Der Mutter war dies aber wichtig.]

Bewertung der Rationalisierung des Sozialrechts auf Kosten der Würde

Entwürdigung durch das Gesetz
Das Problem des Um-Geld-Betteln-Müssens ergibt sich bei vielen Gemeinschaften, die per SGB vom Amt zu Bedarfsgemeinschaften erklärt werden Grundsätzlich erhält nur der Haushaltsvorstand (= erster Antragssteller) der Bedarfsgemeinschaft das Geld überwiesen. Der Verteilungskrieg ist in mancher Bedarfsgemeinschaft vorprogrammiert. Die Würde vieler Menschen, die jetzt um Geld betteln und bitten müssen wurde mit der Reform des SozialGesetzBuches ( SGBAnmerkung: Ich neige immer Stärker dazu , die Abkürzung SGB in Scheiß-Gesetz-Buch umzudeuten.
)auch gleich wegrationalisiert.
Armen-Kontakt-Steuer
Letztendlich führt die Bedarfsgemeinschaft zur Ausgrenzung der Menschen. In vielen Bedarfgemeinschaften leben auch Menschen, die oft für wenig Geld arbeiten. Bei Unterhaltszahlungen sieht der Gesetzgeber einen Selbstbehalt vor, der in Bedarfsgemeinschaften nicht gewährt wird. Die arbeitenden Menschen müssen also ihre arbeitslosen Partner aufkommen und haben dabei keine persönlichen Vermögensfreigrenzen, wie sie zum Beispiel bei Unterhaltsforderungen üblich sind.. Über den Begriff der Bedarfsgemeinschaft und die Berechungsvorschriften wurde eine Armen-Kontakt-Steuer ohne die sonst üblichen Freibetragsgrenzen eingeführt.

Nachtrag: Änderungen, Ergänzungen und/oder Gegendarstellungen

30.10.2007 Bei der nachträglichen Prüfung wurden im Kurztext noch Rechtschreibfehler entdeckt. Diese wurden korrigiert. In einzelnen Fällen können auch fehlenden Worte nachträglich eingefügt worden sein oder eine sinnentstellenden Formulierung wurde verbessert.

Leserbriefe / Kommentare zu r Meldung


  1. 31.10.2007 - 18:19Dieter Porth

    Startbrief

    Mit diesem Selbstkommentar gilt die Rubrik "Leserbriefe zu den Meldungen" als offiziell eröffnet.

    Ihre Redaktion der buergerstimmen.de
  2. Ende der Leserbriefe

Ticker und Querverweise

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Rückblick 42/07
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Überschuldung
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