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Premierenkritik
"Der Vorname" – grandiose Unterhaltung auf feinstem Loriot-Niveau

03.12.2012 Vincent will seinen Sohn "Adolphe" (deutsch = Adolf) nennen und bringt damit viel Aufregung in den Dinnerabend bei Freunden. Die Provokation ist aber nur der Auftakt zu einer Serie von komischen Situationen mit vergleichbarem Humor wie bei Loriot. Wer sich diese kurzweilige Unterhaltung mit gut aufgelegten Schauspielern entgehen lässt, ist selber Schuld - oder leidet an einer Humorallergie. Dr. Dieter Porth

 
Reporterbericht: Kontaktlink zu Redaktion buergerstimmen.de [ Homepage ] (Dr. Dieter Porth)
 

Impressionen zur Inszenierung von "der Vorname" am 1.12.12 im Jungen Theater Göttingen

(Bericht geschrieben vom 2.12.12 auf den 3.12.12)

Persönliche Impressionen zur Inszenierung "der Vorname" und Fazit

Auf der Startseite seiner Website schreibt der Regisseur Max Claessen:
'... Hamburger Morgenpost über die Inszenierung I HIRED A CONTRACTKILLER am Thalia Theater "Claessen setzt auf eine expressionistische, pantomimisch geprägte Körpersprache ohne viele Worte, die an Charlie Chaplins ...'.
Diese Handschrift der ausgeprägten Körpersprache und Mimik trägt auch seine Inszenierung "der Vorname" in Göttingen. Auch bei dieser Inszenierung legte er viel Wert auf die Gestik der Schauspieler. Diese präsentierten sich ausdrucksstärker als üblich, indem die Figuren stärker mit Gesten und Körperhaltung Präsenz zeigten. Ich denke auch jetzt noch mit einem Schmunzeln an den schleichenden Gang von Gintas Jocius, der so grandios das musizierende besonders heterosexuelle Sensibelchen Claude Gatignol ohne Worte repräsentierte. Auf die Bühnensprache wie Hintergrundmusik oder Lichtfarben verzichtet der Regisseur bei der Inszenierung fast vollständig, wenn man von einer Tanzeinlage einmal absieht.
Fazit: Kurzweilige Unterhaltung von super Schauspielern auf erstklassigem Niveau. Wer das verpasst, ist selber Schuld – oder Humor-allergisch.
Dr. Dieter Porth

Kurzinfo


Info Detail (gegebenenfalls mit Link zu Website oder Wikipedia)
Theater Junges Theater (Web, Wiki)
Regie Max Claessen (Web)
Bühne & Kostüme Lisa Maline Busse
Schauspieler Dirk Böther als Pierre Garaud, (Literaturprofessor, Jugendfreund von Vincent Larchers)
Constanze Passin als Elisabeth Garaud-Larchers, (Hausfrau, Lehrerin und Frau von Pierre Garaud)
Philipp Leenders als Vincent Larchert (Bruder von Elisabeth und Jugendfreund von Pierrre Garaud),
Gintas Jocius als Claude Gatignol, (Musiker und Jugendfreund von Elisabeth Garaud-Larchers)
Elisabeth-Marie Leistikow als Anna Caravati (Schwanger und Vinvcent Larchert Lebensgefährtin)
Autor Matthieu Delaporte & Alexandre de la Patellière (Original-Titel: 'Le Prénom')
Übersetzer ?
Aufführungsrechte Theaterverlag Desch (Stückzusammenfassung)
Dauer 20:00 bis 21:50 ohne Pause
Genre Komödie – Konservationstheater – Konversationstheater - Volkstheater
weitere Aufführungen
04.12.,
06.12.,
08.12.,
18.12.,
22.12.,
27.12.,
31.12.- 17.30 Uhr,
31.12.- 20.30 Uhr,
03.01.2013


Details zur Premiere am 1.12.12 im Jungen Theater

Geschichte des Stückes "Der Vorname"

Das Stück beginnt bei einem gemütlichen Dinner beim Literaturprofessor Pierre Garaud und seiner Frau Elisabeth. Zu Besuch kommen Pierres Jugendfreund Vincent und Elisabeth Jugendfreund Claude. Zu etwas spätere Stunde stößt auch noch Vincents Frau Anna dazu.
Weil Vincent immer den Schalk hinter den Ohren trägt, weil seine Freundin noch nicht da ist und weil es ihm zu langweilig ist, erzählt Vincent der abendlichen Dinnerrunde Glauben, dass sein männlicher Nachwuchs in Annas Bauch so wie die Hauptfigur in Benjamin Constants großen Roman "Adolphe" heißen soll. Die Nähe des Namens zu Adolf Hitler ist unverkennbar, ...
Damit kommt auch gleich Stimmung in die Bude. Die Streitgespräche um das Für und Wider eines solchen Vornamen führen aber nicht zu einer Lösung, sondern sie bereiten weitere normale Katastrophen komödiantisch vor. Rückblickend war die Provokation wohl noch harmlos im Vergleich zu dem, was ab Mitte des Stückes die fünf Figuren noch an Wahrheiten und Provokationen erwartet.
Um Ihnen nicht vorab den Spaß an der Geschichte zunehmen, verzichte ich hier auf Zusammenfassung des Stückes♠1.

Bühnenbild und Stilmittel

Zwei Sofas mit vielen Kissen, ein Bücherregal mit zum teil offensichtlich alten Büchern, viele Kinderbilder, ein großer Kuschelteddy, ein Kommödchenstuhl mit Telefon für längere Schwätzchen und Schmollzeiten, ein für ein Abend-Dinner viel zu kleiner Wohnzimmertisch und statt eines Fernsehers eine grünern "Frauentotem" im Hintergrund. All diese Möbelstücke schufen einen Eindruck von gemütlich bürgerlicher Spießigkeit, wo die Welt zumindest scheinbar noch in Ordnung ist.
Anlässlich der langen Freundschaft zwischen den verschiedenen Figuren ist die legere Kleidung nicht ungewöhnlich.

Schauspieler und Schlüsselszenen

Das Stück lebt von der Situationskomik. Wenn beispielsweise alle meinen, dass die schwangere Freundin von Vincent ein Verhältnis mit Claude hat, so spricht die Mimik der Schauspieler Bande. Jede der Figuren hat ihre ganz besonderen Eigenarten, die die Schauspieler leicht überspitzt zum Vergnügen der Zuschauer grandios ausspielen.
Das Lob über die Dialoge, die im rasanten Tempo von einem Wortwitz zum Nächsten eilen, kann an dieser Stelle nicht hoch genug ausfallen. Die beiden französischen Autoren zeigen, wie man normal-ungewöhnliche Situationen zu feinem Humor übersteigert. Das Niveau der Witze liegt weit über dem normalen Klaumauk aus dem deutschen Comedy-Fernsehen. Es ist Humor auf echtem Loriot-Niveau, welches von den Charakteren lebt, die man überall treffen kann.
Da ist zum Beispiel die am Gymnasium unterrichtende Hausfrau Elisabeth Garaud Larchers, gespielt von Constanze Passin, die bei jedem Stress bzw. Streit entweder Essen anbietet oder aber in die Küche verschwindet. Sie will wie jede Frau natürlich immer auch ihren Mann erziehen. Er soll zum Beispiel einen Seidenmantel anziehen, der vielleicht vor vierzig Jahren mal modern und eigentlich ♠2scheiße aussieht. Wie jeder Mann lässt Piere sich den Mantel anziehen, um ihn kurz darauf wieder auszuziehen und irgendwo zu verstecken. Der Mantel taucht in verschiedenen Szenen immer wieder auf, was dieses Ehepaar so liebenswert schrullig-normal erscheinen lässt. Da ist ihr Mann Pierre Garaud, gespielt von Dirk Böther, der sich als streitbarer Literaturprofessor ♠3bei jedem verlorenen Streitgespräch erst einmal auf den Telefonstuhl zum sinnierenden Schmollen zurückzieht. Da ist der Vincent Larchert, der wie ein kleines Stehaufmännchen auf jede Niederlage mit einer noch größeren Provokation reagiert. Und mit jeder Provokation schliddert er tiefer in das Fiasko der Fettnäpfchen hinein. Aber auch seine Lebensgefährtin Anna Caravati, gespielt von Elisabeth-Marie Leistikow, wirkt als Wissende Claude um Finalen Konflikt des Stückes beisteht. Ganz großes Kino liefert Gintas Jocius als Claude Gatignol ab, wenn er immer in leicht gebeugter Haltung mit kleinen beinahe tippelnden Schritten über die Bühne schleicht und möglichst jedem Konflikt aus dem Wege geht♠4. Er wird so zum Sensibelchen, dem man gern Homosexualität unterstellt. Dabei ist Claude doch genauso wie Pierre und Vincent heterosexuell ....

Publikum und Stimmung bei der Premiere von "der Vorname" in Göttingen

Altermäßig war das Publikum bunt gemischt. Es war zwischen 25 und 65 anzusiedeln. Der Kleidungsstil war durch Freizeitkleidung geprägt. Die Frauen trugen kaum Schmuck. Die Modefarbe liebt immer noch zwischen blau grau und schwarz, wobei doch die eine oder andere sich traute, einwenig farbige Muster zu zeigen. ;-)
Nach der Einführung in das Stück durch Vincent Larchert (Philipp Leenders) als Erzähler während der ersten Minuten gab es danach immer wie Lacher zu schmissigen Dialogen und/oder zur Situationskomik. Es gab aber auch einmal eine Situation, wo es mucksmäuschenstill im Saale war. Da wartete jeder gebannt auf die Auflösung einer besonders peinlich-grotesken Situation. Dabei war die Situation an sich nicht unglaubwürdig. Dies galt übrigens für das ganze Stück. Jede der Situation für sich war normal ungewöhnlich. Das Stück lebt von der Ballung solcher ungewöhnlichen Normalität, wodurch mit feinem Humor liebvoll der Wahnsinn des Alltags offengelegt wird.
Nach der Vorstellung gab es für dieses kurzweilige Stück einen langen Applaus, der zeitweise auch mit Gejohle und Füßetrampeln verstärkt wurde. Insgesamt forderte das Publikum das Ensemble fünfeinhalb mal auf die Bühne, um ihnen den wohlverdienten Applaus zu schenken. Nach dem Applaus kamen viele Zuschauer mit einem Lächeln aus der Vorstellung und in Gesprächen hörte ich beiläufig hören, dass sich viele über die eine oder andere Szene unterhielten. Der Abend bot Unterhaltung auf feinstem Niveau.

Fotoimpressionen zur Inszenierung im Jungen Theater

Foto von Clemens Eulig 2012
2012 © Foto vom Jungen Theater …
Foto vom Pressemelder: Foto vom Jungen Theater aufgenommen von Clemens Eulig , 2012 © Elisabeth Garaud-Larchers (Constanze Passin) und
Elisabeth Garaud-Larchers (Constanze Passin) und Claude Gatignol (Gintas Jocius) vorm Regal mit vielen antiken 'Büchern'

2012 © Foto vom Jungen Theater …
Foto vom Pressemelder: Foto vom Jungen Theater aufgenommen von Clemens Eulig , 2012 © Von weitem wirkt das Bücherregal
Von weitem wirkt das Bücherregal absolut echt (Ausschnitt)

2012 © Foto vom Jungen Theater …
Foto vom Pressemelder: Foto vom Jungen Theater aufgenommen von Clemens Eulig , 2012 © Elisabeth Garaud-Larchers (Constanze Passin) ist
Elisabeth Garaud-Larchers (Constanze Passin) ist sauer - und reagiert am Ende wie immer. Links Pierre Garaud (Dirk Böther) und vorm 'FrauentotemÄ Anna Caravati (Elisabeth-Marie Leistikow)

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Liste der redaktionellen Inline-Kommentare

♠1) Bei Theaterverlag wird das Stück im Bereich der französischen kritischen Gesellschaftskomödie eingeordnet. Um eine Stück als kritisch zu bezeichnen, erwarte ich, dass in dem Stück selbst eine Moral oder eine Weisheit mitschwingt. Dies fehlt mir aber bei "der Vorname". Das Stück ist unbestritten Comedy auf höchsten Niveau. So wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, so führen ein paar politischer Anspielungen noch nicht zu einem kritischen Stück. Es ist feinstes Unterhaltungstheater – nicht mehr und nicht weniger.
Dr. Dieter Porth.
♠2) Er sieht auch uneigentlich scheiße aus, finde ich. – Schön gewählte Requisite.
♠3) In manchen Situationen hätte ich mir einen erhobenen Zeigefinger gewünscht. Schließlich ist er als Professor ein Experte der Worte. Dr. Dieter Porth
♠4) Zu seiner Figur als tuntig erscheinendes, musizierendes Sensibelchen hätte ein orangefarbendes Seidentuch gepasst. Das Tuch hätte zwar nicht zum Pullover gepasst, aber das wäre egal gewesen, weil Musiker sich oft für die Details begeistern können. Orangefarben deshalb, weil ihm im Dialog diese Farbe nachgesagt wurde.
Dr. Dieter Porth

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Premierenkritik
Munk oder das Leben hat keinen Reset-Knopf

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Rückblick 47/12
Konzerte vom 22. November bis zum 28. November 2012

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Hitartikel
Platz zwei für die Übersicht zu den kulturellen Einzelterminen

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Klimawandel erhöht Embolie-Risiko für Wälder

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Lumiere
Viel Filmkunst im Rahmen des Europäischen Filmfestivals Göttingen

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ab 29.11. – "Die Wand", 007, Twilight und Einzelfilme

28.11.2012 Das Kino Schiller Lichtspiele in Hann. Münden zeigt in der Woche vom 29.11. bis 5.12.12 als Hauptfilme den Spionfilm "007 – Skyfall", die Vampirinliebesgeschichte "Twilight 5 - Breaking Dawn - Teil 2" und das fantastische Drama "Die Wand". An vereinzelten Terminen stehen die Romanze "360", die animierte Monsterkomödie "Hotel Transsilvanien" und die kulinarische Doku "Entre les bras - 3 Sterne. 2 Generationen. 1 Küche." auf dem Programm.

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